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Parlamentarische Enquete des Bundesrates
Thema: "Föderalistische Aspekte in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit“

Im Mittelpunkt der Veranstaltung am 14. Dezember 2011 stand die Frage, welche Rolle die Länder und Gemeinden innerhalb der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit spielen und welche Vor- und Nachteile der derzeitige Modus der Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in diesem Bereich mit sich bringt. Grundsätzlich wird in Österreich die Entwicklungszusammenarbeit als gesamtstaatliche Aufgabe des Bundes angesehen. Im Rahmen ihrer Ermessensausgaben unterstützen Bundesländer und Gemeinden jedoch zahlreiche EZA-Projekte und –initiativen in der ganzen Welt.
 
Bundesratspräsidentin und AWEPA Mitglied Susanne Neuwirth dankte in ihrer Eröffnungsrede den vielen Organisationen und Initiativen in ganz Österreich, die sich im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit engagieren und neben der Unterstützung für verschiedenste Projekte in der ganzen Welt auch viel zur Meinungs- und Bewusstseinsbildung bei der österreichischen Bevölkerung beitragen. Des Weiteren unterstrich Neuwirth die Notwendigkeit einer quantitativen Erhöhung der Mittel und Ressourcen, zumindest auf die vereinbarten 0,7 % des BIP bis 2015, sowie einer qualitativen Verbesserung der österreichischen EZA. In diesem Zusammenhang sei Politikkohärenz ein Schlüsselkriterium und die derzeitig bestehenden Inkohärenzen ein wesentliches Hindernis in Bezug auf die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen der EZA. 
 
Stefan Wilhelmy, Projektleiter der "Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW)", dem Kompetenzzentrum für kommunale Entwicklungspolitik in Deutschland, ging in seinem Impulsreferat auf die Entwicklungen in Deutschland ein und betonte in einem Statement die Wichtigkeit des Austausches auf unterschiedlichen kommunalen Ebenen. Die Expertise, Erfahrungen und das Know-how über Abläufe, Aufbau von Strukturen und Administration auf diesen Ebenen sei von hohem Wert für die politischen und administrativen EntscheidungsträgerInnen in den Partnerländern des Südens. Zudem sind derartige Austausche effektiv und kostengünstig umsetzbar.

Die anwesenden VertreterInnen der Länder Salzburg, Wien und Oberösterreich, Paul Pirker (Vorsitzender des entwicklungspolitischen Beirats der Salzburger Landesregierung), Bernhard Bouzek (Auslandsbeziehungen Magistratsdirektion Wien) und Gerda Weichsler-Hauer (2. Landtagspräsidentin Land Oberösterreich), beschrieben die jeweiligen entwicklungspolitisch relevanten Strukturen ihrer Bundesländer und betonten die Wichtigkeit dieser föderalistischen Initiativen. Es könnten durch Länder und Gemeinden auch Projekte unterstützt und umgesetzt werden, die nicht in den Bundes-Mainstream hineinpassen und sowohl für die Projektpartner als auch die Träger in Österreich wertvolle Impulse im Sinne einer globalen Partnerschaft liefern. Peter Molnar vom Klimabündnis Österreich und der Bürgermeister der Stadt Leibnitz, Helmut Leitenberger, beschrieben jeweils konkrete Beispiele für derartige Partnerschaften, die von der lokalen bis zur überregionalen Ebene als Best-Practice gelten, und dadurch auch zu einer politischen Komponente wurden, die Einfluss ausübt. Alle plädierten für einen Ausbau der österreichischen EZA im Sinne eines „Mehrebenen-Ansatzes“.
 
Robert Zeiner von der Austrian Development Agency (ADA) und Anton Mair von der Sektion VII des BM für europäische und internationale Angelegenheiten wiesen in ihren Statements auf die Evaluierungen der OEZA seitens der OECD-DAC sowie auf internationale Deklarationen hin, die alle eine Reduzierung der Fragmentierung und der Aufsplitterung der entwicklungspolitischen Kompetenzen, sowie eine Verringerung der Zahl von Einzelaktivitäten im operationellen Bereich empfehlen. Private Initiativen und NRO in den Bundesländern wurden und werden durch die öffentliche EZA mittels verschiedenster Instrumente unterstützt. Die Koordinierung findet auch jetzt bereits über die jährlich stattfindende Bund-Länderkonferenz zu Fragen der EZA statt.
 
Petra Navara-Unterluggauer, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, des Dachverband der entwicklungspolitischen und humanitären NGOs in Österreich, wies auf die unzureichende Mittelzuweisung für die tatsächlich gestaltbare EZA und auf die fehlende Kohärenz auf mehreren Ebenen der OEZA hin, die eine wirksame und effektive Arbeit schwierig machen. Hier ist die Bundespolitik gefordert. Im Zusammenhang mit föderalistischen Aspekten in der EZA wies Navara einerseits darauf hin, dass in der internationalen EZA Standards definiert seien, die entsprechende Kompetenzen voraussetzen, über welche die ADA verfügt. Andererseits kann und ist die EZA der Bundesländer jedoch komplementär, solidarisch und identitätsstiftend, sowie unabhängig und flexibel, und diese Vorteile sollten durchaus genutzt werden. Diese Aussagen und Forderungen wurden von Johanna Mang, LICHT FÜR DIE WELT, unterstützt, die auf mehrere erfolgreiche Kooperationen der Organisation mit verschiedenen staatlichen Akteuren hinwies. In Österreich fehlt derzeit eine gemeinsame Strategie, an der sich alle verantwortlichen Institutionen orientieren können und die das vielfältige Engagement abstimmt.
 
Nach zahlreichen Statements aus dem Kreis der TeilnehmerInnen der Enquete dankte Bundesratspräsidentin Susanne Neuwirth abschließend allen Anwesenden für die Diskussion und versprach, sich für eine weiterführende Auseinandersetzung mit diesem Thema einzusetzen. 

Foto: Parlamentsdirektion/Carina Ott